Mythos “Über den Blog verkaufen wir nichts”

Über den Blog verkaufen wir nichts - Ein Mythos?

“Das liest doch keiner!” Kennst du diesen Satz? Hast du ihn vielleicht schon selbst gesagt oder gedacht, wenn es um die Möglichkeit eines Blogs oder um Content Marketing für das eigene Unternehmen ging? Auch gerne genommen: “Über den Blog verkaufen wir nichts.” Warum diese Annahmen über Blogs nicht stimmen und warum es sich vor allem als Hersteller von Outdoor-Bekleidung und -Produkten lohnt, aktiv einen Blog zu betreiben, erkläre ich jetzt. 

Die Idee für diesen Artikel hatte ich nach einem Coffee Talk via Zoom aus der “Women in E-Commerce”-Reihe. Anna Schade und Kira Nolte von bergzeit.de haben von ihrer Beziehung zu Daten beziehungsweise von der Rolle von Daten in der Unternehmenskultur berichtet. Als Onlineshop für Bergsport-Artikel ein essentielles Thema, denn im E-Commerce funktioniert nichts ohne Daten und ihre Auswertung. Für mich als Texterin, die sich eher im Bereich Content Marketing ansiedelt, zwar ein Thema, das mich nur am Rande berührt, aber es schadet ja nie, über den Tellerrand zu blicken. 

Warum sich ein Blog für Outdoor-Unternehmen lohnt

Aber ein Fakt von Kira ist mir besonders hängen geblieben: In den ersten Ergebnissen des erarbeiteten datengetriebenen Attributionsmodells schneidet das Online-Magazin des Händlers besonders gut ab. Das heißt, dass das Magazin in der Customer Journey einen signifikanten Beitrag zu dem Kaufabschluss leistet. Durch die übliche „Last Click“-Attribution wird dies leider oft nicht deutlich, da ein Magazin oder Blog selten der letzte Kontaktpunkt der Kund:innen vor dem Kauf ist.

Nach mehreren Jahren in Digitalagenturen und nun als freiberufliche Texterin stimmt mich dieser Sachverhalt sehr versöhnlich, denn ich habe schon so oft bei Unternehmen ein Onlinemagazin angepriesen, aber nur selten ging ein Blog weg wie heiße Semmeln an einem Sonntagmorgen. 

Woran liegt das? Warum hält sich das Vorurteil hartnäckig, dass sich ein Blog nicht lohnt, dass keiner die Beiträge liest und die Idee des Content Marketings schnell wieder als Geldverschwendung vom Tisch gekehrt wird? Alles nur brotlose Kunst? Nein. 

Wanderschuhe & Co. verkaufen: Es geht doch nur um das Produkt, oder?

Bleiben wir doch beim Beispiel von bergzeit.de und anderen Onlineshops oder Herstellern, die Abenteuerlustige mit Ausrüstung zum Klettern, Wandern und Biken versorgen. Wer online shoppt, guckt sich die Produkte an, klickt sich durch die Produktansichten, liest die Beschreibung des Wanderstiefels von vorne bis hinten und zurück und kann am Ende womöglich Gewicht, Materialeigenschaften und Einsatzgebiete auswendig, ehe der Treter im Warenkorb landet. Eine gute Produktbeschreibung ist nicht nur für Outdoor-Artikel unerlässlich: Sie muss alle Produkteigenschaften so gut abbilden, dass sich der potenzielle Käufer ein Bild machen kann, ohne den Kletterhelm in den Händen oder auf dem Kopf zu haben. Oder den Biwaksack oder den Campingkocher. SEO-mäßig muss die knackig kurze Beschreibung eine Punktladung sein und gleichzeitig den interessierten Käufer emotional abholen, damit er sich für genau diesen Artikel entscheidet. Ganz schön viele Ansprüche auf einmal! 

Zurück zum Blog. Beim Thema “Interessenten emotional ansprechen” kommt der nämlich unter anderem auch ins Spiel. Im Blog findet nämlich alles Platz, was im Onlineshop und auf den statischen Seiten keinen Raum bekommen soll oder kann. Im Blog kann man auch mal nach rechts oder links schauen, mehr auf die Leserschaft eingehen, sich als Unternehmen ein ganzes Stück menschlicher darstellen und vor allem eines: Mehrwert bieten. 

Schnee in den Allgäuer Alpen I Frauke Reimringer, freie Texterin
Mehrwert: der Erfolgsgipfel für jeden Blog?

Der berühmt-berüchtigte Mehrwert im Content Marketing

Ja, der Mehrwert … Klingt abgeschrieben wie aus einem Lehrbuch für Content Marketing und irgendwie abgeschmackt. Ist das Ende 2020 immer noch relevant? Ja, ist es, auch wenn es manch einer vielleicht nicht mehr hören kann. Besonders Marken und Shops, die Nutzer:innen anziehen möchten, deren Interessen im Bereich Bergsport, Camping und Outdoor-Aktivitäten allgemein liegen, bekommen hier eine echte Steilvorlage geboten. Denn was möchten die Leser:innen, die ja gleichzeitig auch potenzielle Kund:innen sind? Die Produkte in Action sehen! Und noch mehr: Tipps und Tricks rund ums Outdoorvergnügen: Wie packe ich meinen Wanderrucksack am günstigsten? Wie stelle ich meine Ultraleicht-Ausrüstung zusammen? Packlisten für Hüttentouren, Tipps für Klettersteige mit Kindern, Erfahrungsberichte zu Trekkingtouren und Trainingstipps in Zeiten von Corona … Das ist noch nicht einmal eine Handvoll Themen, welche die relevante Zielgruppe interessiert und sie anzieht wie ein Magnet. 

Social Media: Guter Content ist geteilter Content

Das Gute an dem hochgepriesenen Mehrwert ist: Die Inhalte sind teilbar. Auf Social Media lassen sich die Inhalte gut verbreiten. Das sollte dich jedoch nicht dazu verleiten, einfach stumpf bei Facebook die Blogartikel in den Orbit zu schießen oder bei Instagram sinnbefreite Postings ohne klickbaren Link zu veröffentlichen. Überlasse das Teilen lieber den User:innen. Wenn Inhalte gut sind, sind Menschen auf Instagram & Co. eher bereit, Blogartikel weiterzuempfehlen. Natürlich kannst du deinen Blog in den sozialen Netzwerken vermarkten, damit er sichtbarer wird, aber bitte nicht ohne Sinn und Verstand und immer für die jeweilige Plattform passend. 

Exkurs: User Generated Content

Apropos Social Media und teilen: Nicht nur Blogartikel können in den sozialen Medien geteilt werden, sondern auch Posts der Fans. User Generated Content ist mittlerweile für viele Unternehmen fester Bestandteil des Marketings. Gutes Beispiel: Die #GoBackpack-Kampagne von Jack Wolfskin. Aber das ist nochmal ein komplett eigenständiges Thema und würde einen eigenen Blogartikel füllen.

Inhalte für Experten: Keywordoptimierung auf Nischenkeywords im Outdoorbereich

Beispiel: “Rucksack packen”

Wenn man sich die Höhe der Suchanfragen bei Google mit einem Tool wie Ubersuggest anschaut, wird man zwar nicht gerade erschlagen von der Menge der Suchanfragen. 10 Suchanfragen im Monat sind sehr überschaubar, aber die Höhe des Suchvolumens gibt nicht unbedingt Aufschluss darüber, wie sehr es sich lohnt, einen Text auf dieses Keyword zu optimieren. Bei Keywords mit hohem Suchvolumen von mehreren Hundert oder Tausend Suchanfragen pro Monat ist die Konkurrenz natürlich sehr groß und die Wahrscheinlichkeit, mit der eigene Webseite in den Top 10 von Google zu landen, dementsprechend geringer. Daher ist es sinnvoll, sich unter anderem auf diese Keywords zu stürzen, die eben nicht so starke Konkurrenz haben. 

Screenshot Google SERPs zu Hochtouren
Monatliche Suchanfragen zu „hochtouren“: Eher eine Nische.

Das sind zum einen Nischenkeywords, die eben nicht die breite Masse interessieren. Bei Themen wie Ausrüstung zum Klettern, Hochtouren, Skitourengehen oder Trailrunning ist das oftmals eh schon der Fall, da es sich nicht um einen Volkssport wie Fußball handelt. Der Suchbegriff “Hochtouren” kommt auf etwa 10 Suchanfragen pro Monat, “Fußball” hingegen auf 4.400. Und dabei handelt es sich lediglich um Short Tail Keywords, noch nicht einmal um Long Tail Keywords. Was das ist, erkläre ich sofort. 

Screenshot Google SERPs zu Fußball
Monatliche Suchanfragen zu „fußball“. Hier ist mehr los.

Hey Google, was hilft gegen stinkende Kletterschuhe?

Long Tail Keywords sind quasi “lange” Suchanfragen. Also nicht nur ein Keyword, sondern eine Kombinationen aus mehreren Suchbegriffen, die sehr spezifisch ist. Beispiel: “trekking rucksack packen” oder “kletterschuh neu besohlen kosten”. Diese Long Tail Keywords kommen oft durch die Sprachsuche zustande, da wir hier meistens in ganzen Sätzen fragen. “Hey Google, was hilft gegen stinkende Kletterschuhe?” wäre eine mögliche und definitiv realistische Suchanfrage. Short Tail Keywords sind dementsprechend kurze Keywords, die nur aus einem Suchbegriff bestehen, wie beispielsweise “wanderstiefel” oder “rucksack”. Dazwischen liegen noch die Mid Tail Keywords, wozu auch unser Beispiel von “rucksack packen” zählen würde, ebenso wie “trekkingstöcke faltbar”. Also ein Mittelding zwischen allgemein und spezifisch. 

So, und was haben jetzt diese verschiedenen Keyword-Arten mit meinem Blog als Outdoor-Hersteller zu tun? Unser Ausgangspunkt war der Mehrwert, den der Blog für die Leser:innen bieten soll, die dann letztendlich zu Kund:innen konvertieren. 

Ganz einfach: Nur durch diese spezifischen Suchbegriffe kann fachlich fundierter Content erzeugt werden, der für die Leser:innen einen Mehrwert bietet. Vorausgesetzt, der Artikel ist auch wirklich für die Nutzer:innen geschrieben und nicht nur für Suchmaschinen. Sinnlose Aneinanderreihungen von Keywords interessieren nämlich niemanden. Denn wenn die Leser:innen genervt abspringen, rankt Google die Seite auch schlechter. Die User:innen überfliegen den Inhalt nur und lesen noch nicht einmal die Hälfte des Textes. Keine Scrolltiefe, schlechte User Experience – und tschüss. 

Berge vor blauen HImmel in den franösischen Alpen I Frauke Reimringer, freie Texterin
Am Berg ist Einsamkeit gut. Auf dem Blog eher nicht so.

Wenn der Blog brach liegt …

Sieht man sich im Web um, entdeckt man auch bei zahlreichen Unternehmen im Outdoorbereich – egal ob Unternehmensseite oder Onlineshop – brachliegende Blogs. Beiträge von vor zwei Jahren, alle drei Monate mal ein Blogbeitrag oder kurze Tourenberichte mit teilweise weniger als 300 Wörtern. Das Totschlagargument hier: der Zeitaufwand. “Wir haben keine Zeit für einen Blog”, heißt es dann so oft. Immerhin spricht es für ein Unternehmen, wenn sie sich eingestehen, dass ein Blog Arbeit bedeutet und der Aufwand nicht nebenher betrieben werden kann. Den Blog – genau so wie das Social Media Marketing – kann niemand von den Beschäftigen “einfach mit machen”. Ein Blog bedeutet Arbeit: Recherche, Texterstellung, Korrekturen, Redaktionsplan pflegen, Bildmaterial auswählen und und und. 

Dazu kommt noch: Während einige Menschen vielleicht noch Spaß am Schreiben und sogar ein Händchen dafür haben, hört es bei ihnen oft beim Thema SEO auf. Oder umgekehrt: Vielleicht kennt sich jemand aus E-Commerce oder Marketing-Team mit Suchmaschinenoptimierung aus, aber beim Thema Texten ist Ende im Gelände. Falls man also niemanden im Haus hat, wäre also hier ein wenig Unterstützung von einem externen Profi notwendig. Sich allein auf Gastschreiber:innen zu verlassen, ist ebenfalls keine gute Strategie, denn dann geht die persönliche Note vollständig verloren. Aber ab und an auf Gastbeiträge von Blogger:innen zu setzen, die aus Nutzer:innensicht schreiben, ist ein gutes Instrument, um mit der Leserschaft verbunden zu bleiben und die Glaubwürdigkeit zu stärken. 

Bloggen ist Ausdauersport

Ein weiterer Aspekt des Content Marketings, für den inhouse oft kaum bis keine Ressourcen vorhanden sind, ist die Blog-Strategie. Oft wird hochmotiviert ein Unternehmensblog gestartet, der dann langsam, aber sicher verwaist. Nicht nur der Zeitmangel ist schuld, sondern auch einfach die Tatsache, dass der Erfolg womöglich ausbleibt. Ein Blog braucht eine Strategie, eine vorher festgelegte Ausrichtung, eine definierte Zielgruppe sowie Ziele und letztendlich auch vernünftiges Tracking, um nachzuvollziehen, was zum Erfolg führt und wo Optimierungspotenzial besteht. 

Vorbilder: Gelungene Blogs von Bergsport-Shops

In der Outdoorbranchen gibt es zahlreiche gute Vorbilder, die das mit dem Blog schon ganz gut hinbekommen. Nicht nur wie bereits erwähnt bei bergzeit.de  scheint das ganz gut zu klappen, auch das Basislager der Bergfreunde hat seinen festen Platz in der Szene und im Google Ranking. Bei Stichproben zu Suchbegriffen wie “kletterschuhe test” oder “packliste wanderurlaub” ranken beide sicher in den Top 10 der SERPs. Hier wird also echter Mehrwert für die Leser:innen und ihre verschiedenen Interessen aus den einzelnen Nischen geboten: Seilkommandos beim Klettern, Produkttests für Kinderkraxen beim Wandern, Ausbildung zum MTB Tourenguide oder anatomisches Wissen zu bestimmten Körperteilen. Nicht nur die Themen sprechen die Zielgruppe an, die Texte sind auch SEO-mäßig weitgehend rund.

Screenshot Google SERPS zu "packliste wanderurlaub"
SERPs zu „packliste wanderurlaub“

Gute Gründe für einen Unternehmensblog – auch im Jahr 2021

Auch wenn man meinen sollte, dass es im kommenden Jahr 2021 nicht mehr notwendig ist, zu erklären, warum ein Blog auch für Unternehmen im Outdoor-Bereich sinnvoll ist, gebe ich dir zum Abschluss trotzdem noch einmal eine kurze Übersicht:

  • Relevanz: Mit Produkttests und Vergleichen Beratung bieten
  • Kund:innenbindung und Neukund:innengewinnung: Guter Content lockt neue und wiederkehrende Leserschaft an
  • teilbare Inhalte: in sozialen Netzwerken verbreiten sich gute Inhalte einfach und schnell
  • Expertenstatus: Regelmäßige Fachbeiträge stärken die Expertise gegenüber den Leser:innen
  • Einbeziehung der Nutzer:innen: Blogger:innen können Gastbeiträge aus Kund:innensicht veröffentlichen
  • Mehrwert: Tipps und Tricks locken die Leser:innen an und sorgen dafür, das sie bleiben
  • Sympathie: Ein Blog lässt Unternehmen persönlicher wirken und schafft Verbindung zu Leser:innen
  • mehr Besucher und Traffic: Wenn der Blog lebendig ist, gelangen auch mehr User:innen auf Webseite und den Shop

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